Freitag, 31. Dezember 2010

Weihnachten bei den Hippies


Ich muss euch vorwarnen: Ich fürchte dies wird ein ziemlich langer Text! ;)

Ich hoffe, ihr habt alle die Weihnachtszeit genossen, gut gegessen und im Schnee gespielt! Ich hab meine Familie sehr vermisst, muss aber auch ehrlich zugeben, dass ich viel Ablenkung hatte!

Wir hatten ganz schön verrückte Weihnachten! Am 23.12. haben wir uns morgens um 9.15 (Abfahrt war mal wieder eigentlich für 8.20 geplant) in den Bus gesetzt und sind auf nach Jericoacoara. „Jeri“, wie der Ort von den Brasilianern liebevoll genannt wird (es gibt sogar ‚I love Jeri‘ T-Shirts: da würde sich manch einer fragen ‚Wer ist Jeri???‘), liegt 300km weiter nordöstlich von Fortaleza und liegt am Meer inmitten eines riesigen Naturschutzgebietes. Aus diesem Grund muss für die letzen 90 Minuten Fahrt in einen wackeligen 4x4 Geländebus umgestiegen werden, denn der Weg bis nach Jeri führt durch Sand, Steppe und am Strand entlang. Der Ausblick und die ungewöhnliche Anfahrt haben die 5 Stunden verfliegen lassen!
Tommi im 4x4 Bus



In Jeri angekommen haben wir auch direkt eine Pousada gefunden, aus der wir dann aber nach zwei schlaflosen Nächten (Hitze und Mücken!!!) wieder ausgezogen sind, um in die Pousada de Ary umzuziehen (Geheimtipp von den Hippies).

Um dann auch gleich mal zu den Hippies zu kommen: Noch am gleichen Abend haben wir es uns in der Sky-Bar gemütlich gemacht und in der Happy Hour zwischen 17 und 19 Uhr Caipis bestellt. In diesem Fall hieß das 2 Caipis für den Preis von einem, sprich für 2 Euro!! Die Hippies, die sich auch gerne selbst so oder auch „Malucos“ (die Verrückten) nennen, stellen ihren eigenen (wunderschönen) Schmuck her, den sie dann am Strand und auf der Hauptstraße in Jeri verkaufen. Ach ja, ‚Hauptstraße‘ heißt dabei nix Besonderes, ist nur die belebteste Straße in Jeri, aber so wie im ganzen Dorf gibt es hier nur Sand statt Asphalt. Einer der Hippies heißt Henrique und nachdem wir eine Kette von ihm gekauft hatten und Tommi ihn gefragt hatte wo er wohne und ob man da mal vorbeischauen dürfe, hat er uns doch tatsächlich spontan eingeladen, Weihnachten mit ihm, seiner Familie und den anderen Hippiefamilien zu feiern. Wir haben nicht lange überlegt und die Einladung angenommen!

Am nächsten Morgen (nachdem wir beim Frühstücken von drei kleinen Affen überrascht worden waren) waren wir dann wie verabredet um 11.30 wieder an der Sky Bar um mit Henrique zu den Hippies rauszufahren, denn diese wohnen nicht in Jeri, sondern ein ganzes Stück weiter weg. So gegen 12.15 – wir dachten schon nicht mehr daran, dass Henrique überhaupt noch kommen würde – kam er dann doch dahergeschlendert und faselte ein bisschen was von ‚viel Cachaca‘ und ‚verschlafen‘.

am Strand von Jeri

am Strand von Jeri - Ananassaft für 0,80€

am Strand von Jeri - Warten auf Henrique

Auf der Fahrt zu seinen Freunden haben wir schon ein großes Stückchen von Naturpark sehen können: Wunderschöne weite Graslandflächen, Sanddünen und freilaufende Esel- und Kuhherden. Für die Fahrt von Jeri nach Jijoca (dem nächsten Ort mit asphaltieren Straßen) fährt man auf der überdachten Ladeflächen der Pick-Ups mit, die dafür bereitstehen und mehrmals am Tag hin und her fahren. Zwischendurch haben wir angehalten, um am Straßenrand Mangos aufzusammeln und einen Stopp an der Lagoa do Paraíso (Paradies-Lagune) zu machen. Zwei Tage später sind wir nochmal zur Lagune gefahren, denn es ist wirklich paradiesisch dort: Türkises Süßwasser, weißer Sand und Hängematten.




Henrique
Tommi im Pick Up

Naturpark Jericoacoara


Mangobaum

Mangosammler

Henrique / Lagoa do Paraíso

Lagoa do Paraíso

Lagoa do Paraíso

Lagoa do Paraíso

Lagoa do Paraíso

Lagoa do Paraíso
In Jijoca angekommen, mussten wir dann auf Mototaxis umsteigen und weitere 20 Minuten fahren, um zu den Hippies zu gelangen. Die Hippies wohnen in einem Gebiet umgeben von Sand und Cashewbäumen so weit das Auge reicht. Man fährt über abgesteckte Sandstraßen und die umliegende Natur ist durch Zäune in Grundstücke eingeteilt, die ab und zu jemandem gehören, aber auch oft mit ‚zu verkaufen‘-Schildern versehen sind. Durch Gespräche mit den Hippies haben wir erfahren, dass die Grundstücke für relativ wenig Geld zu erwerben sind, sodass viele von ihnen mit dem Gewinn aus dem Schmuckverkauf tatsächlich Land kaufen und selbst darauf bauen.
Heiligabend haben sich alle bei Kleber und seiner Frau getroffen (ja, der Herr schreibt sich tatsächlich KLEBER, wird aber „Kläbi“ ausgesprochen). Der Empfang war total nett und herzlich und jeder hat uns die Hand gegeben und begrüßt. Direkt wurden uns Cachaca und Cannabis angeboten, ein Platz in der Hängematte und auch ansonsten sollten wir uns einfach zu Hause fühlen. Nach etwa einer halben Stunde, in der wir uns auf Klebers Grundstück ein bisschen umgesehen und mit allen ein bisschen gequatscht hatten, kam plötzlich ein Eselkarren mit einer riesigen Kühltruhe um die Ecke. Mit  einem lauten Schrei und einem kleinen Begrüßungstänzchen sprang Alex vom Wagen (der mit Abstand verrückteste Maluco von allen) und hieß uns ganz herzlich willkommen. Die Kühltruhe, die tatsächlich für das Bier und den Cachaca für diesen und den folgenden Tag gedacht war, passte natürlich gar nicht in das Bild, welches der Hippie-Garten bot: Bäume, Pflanzen, Hängematten, ein kleines selbstgebautes Häuschen mit nur einem Raum, eine überdachte Stelle zum Kochen und Waschen und ein provisorisches Badezimmer.

Tommi vertreibt die bösen Dämonen
Die bösen Dämonen haben natürlich auch nix beim Obst und Cachaca zu Suchen!
Ich habs mir direkt mal mit Wein gemütlich gemacht

Klebers Sohn Kalu macht sich über die Wassermelone her
Da kommt Alex mit der Kühltruhe

Kochstelle im Garten


In den folgenden zwei Stunden sind wir auf dem Eselkarren mitgefahren, um weitere Leute abzuholen: Klebers und Henriques Frauen und Henriques Tochter. Auf dem Weg haben wir dann noch Alex zu seinem Haus gebracht und uns die Häuser einiger anderer Hippies auf dem Weg angesehen, zum Beispiel das von „Mahadma o Alemao“ was so viel heißt wie „Mahadma der Deutsche“ :-). Außerdem durften wir hier und da ein paar seltsame Früchte probieren, die links und rechts von den Bäumen gepflückt wurden.


Alex in Pose

Henriques Haus / Kochstelle

Henriques Häuschen
Henriques privater Anbau


bei Henrique

unterwegs mit dem Esel

Klebers Frau

die kleine Lua

Zurück bei Kleber wurden alle abgeladen, der Esel durfte dann auch endlich nach Hause und wir haben es uns erstmal wieder in der Hängematte gemütlich gemacht. Doch lange hielt die Ruhe nicht, denn Kleber, Henrique und ein weiterer Hippie sprangen irgendwann plötzlich auf, riefen etwas von der Lagoa Azul und einem Supermarkt und dass die Sonne bald untergehe, wir sollten mal mitkommen und uns beeilen. Im Laufschritt ging es dann in nur ein paar Minuten zu einer weiteren wunderschönen Lagune, die wir mit Klebers Floß überquerten, um auf der anderen Seite ein paar Einkäufe zu machen. Dabei haben wir noch gleich den Sonnenuntergang genossen und Tommi ist ins kühle Nass gesprungen!


auf dem Weg zur Lagoa Azul













Im Anschluss an die kurze Shoppingtour gab es gegrilltes Fleisch und Reis bei Kleber und die Frauen fingen an die Leckereien für den nächsten Tag vorzubereiten. Wir haben noch ein bisschen am Feuer gesessen und mit den Kindern gespielt und haben dann mal ins Gespräch gebracht, dass wir dann doch demnächst mal aufbrechen wollten. Dies brachte eine große Diskussion ins Rollen, wann den nun der Bus nach Jeri fahren würde und nach einigen Vorschlägen (die alle ungefähr zwischen 19.30 und 0.00 lagen) einigte man sich irgendwie auf 21.40. Wie auch immer diese Zeit zustande gekommen war, wir wollten trotzdem versuchen diesen Bus zu bekommen und Henrique meinte, es würde reichen um zwanzig nach loszugehen, man bräuchte nur 10 Minuten. Tommi, der das nicht so recht glauben wollte, hat ihm dann einfach schon um zehn nach Bescheid gegeben und das war auch gut so, denn keine Minute nachdem wir an der Stelle ankamen, wo der Bus vorbeifahren sollte, kam dieser dann tatsächlich. Es ist schwer diese Szene zu beschreiben, aber ihr müsst euch vor allem folgendes vorstellen: Wir waren sozusagen im Nichts, es gibt dort keine Straßen und somit auch keine Straßenbeleuchtung, nur den Mond. Henrique hat uns an irgendeine Straße geführt und aus der Ferne tauchten dann die zwei Scheinwerfer des Busses auf. Wir drei sind dann solange in der Dunkelheit herumgesprungen und haben laut gerufen, bis der Bus anhielt und uns mitnahm! Dieser Bus war wieder einer der Touristenbusse mit dem wir auch gekommen waren und die Leute, die darin saßen haben natürlich nicht schlecht gestaunt, dass da zwei Gringos an Heiligabend mitten aus dem Nichts zusteigen. Ich war jedenfalls froh, dass wir es geschafft hatten und nicht die Party bis morgens um 4 durchhalten mussten. Außerdem hatten wir ja noch Geschenke auszupacken ;) Wenn ich mal eins verraten darf: Ich habe von Tommi einen Paragliding-Flug geschenkt bekommen, den darf ich dann im neuen Jahr machen!!

Die nächsten Tage haben wir dann sehr ruhig und angenehm verbracht, haben lecker gegessen und sind am Strand herumspaziert und sind die Dünen heruntergerutscht.



Jericoacoara





Am Tag der Abreise haben wir uns morgens um 7 zwei Pferde geliehen und sind an der Felsküste entlang bis zu Pedra Furada geritten, einem der Hauptattraktionen Jeris: Ein Felsstück mit Loch, das ins Wasser ragt. Kein großes Kino, aber ein gutes Ziel für einen Ausritt!














Zum Schluss das Beste, so wie es sich gehört: Wir haben beschlossen Ende Januar nach Jericoacoara zu ziehen! Wir werden unsere Zelte hier in Fortaleza abbauen und die große City hinter uns lassen. Seit dem zweiten Tag in Jeri war mir so klar wie nicht zuvor, dass ich einfach nicht in dieses Stadtmonster Fortaleza gehöre: Die Ausflüge waren toll, nicht aber, nach Sonnenuntergang (17 Uhr) nicht mehr alleine rausgehen zu können, der Lärm und der Verkehr. Tommi musste ich gar nicht groß überzeugen, sodass wir uns schnell einig waren, die Location zu wechseln! :)