Dienstag, 16. November 2010

Schalotschi


Ich wollte eigentlich schon längst etwas über die Stadt Salvador und unseren Road Trip geschrieben haben, aber es ist gar nicht mal so einfach so einen Blog zu pflegen und auch immer alles aufzuschreiben, das man erlebt.

Was feststeht ist, dass Salvador ein wunderbarer Zwischenstopp war. Die ersten brasilianischen Worte irgendwie rausgebracht, irgendwas mit „carne“ von der Speisekarte bestellt und erste Vorlieben für eisgekühltes Kokosnusswasser und Vitaminas, Fruchtsäfte mit Milch und Eiswürfeln, entwickelt. Ich würde auf jeden Fall gerne nochmal nach Salvador zurück und ein bisschen mehr von der afro-brasilianischen Lebensart mitbekommen, denn wir waren schon ziemlich viel mit der Planung des Trips nach Fortaleza und damit beschäftigt, uns an die Tag/Nacht-Verhältnisse zu gewöhnen. Hier in Brasilien wird’s nämlich schon gegen 17 Uhr dunkel, jedenfalls dämmert es dann schon und morgens wird man spätestens so gegen 6 Uhr wach. Eigentlich ist dieser Rhythmus ganz angenehm, man muss sich nur dran gewöhnen.

Was sofort in den ersten Tagen aufgefallen ist, sind die freundlichen, aufgeschlossenen und fröhlichen Brasilianer. Egal wonach wir wen gefragt haben, immer wurde uns nett geholfen. Eigentlich ist hier an jeder Ecke irgendwas los, wird etwas verkauft oder läuft einfach Musik. Viele Leute schauen mich hier mit großen Augen an, in Salvador und natürlich in den Dörfern, durch die wir auf unserem Trip durchgefahren sind, noch viel stärker, als jetzt in Fortaleza. Blonde Frauen lassen sich hier halt eher seltener blicken. Es ist ein bisschen anstrengend, denn ich versuche so gut es geht, alle nett zu grüßen, zu lächeln und den Kindern zuzuwinken, aber das ein oder andere Mal verstecke ich mir hier doch zumindest hinter meiner Sonnenbrille ;-)

Unser 2000 km Road Trip war der absolute Hammer und ich würde am liebsten noch weiter durchs ganze Land fahren, aber ich besitze leider noch immer keinen Goldesel.
Wir hatten einen kleinen VW „Gol“, in etwa vergleichbar mit dem Lupo, der ganz schön viele Dreckwege, Schlaglöcher und Überholmanöver mitmachen musste. Wir hatten kein Navi, eine sehr (!) grobe Landkarte von Brasilien und ganz viel Optimismus im Gepäck, dass wir uns schon irgendwie durchfragen können. Ich hatte vorher eine grobe Route und ein paar schöne Ziele, wie z.B. eine Delfinbucht, einen 350 Jahre alten Baum oder Lagunen rausgesucht, sodass wir ein paar Anhaltspunkte auf der Strecke hatten. Die Straßen hier in Brasilien sind nicht vergleichbar mit deutschen Straßen, meistens fehlt die Markierung, man weiß nicht so recht wie viele Spuren es gibt und man kommt nur voran, wenn man konstant die ganzen LKW überholt. Wir wollten natürlich auch möglichst viel sehen, sodass wir nicht über die Hauptstraßen, sondern über die Küsten- und Landstraßen gefahren sind, die in einem noch miserableren Zustand waren. Aber alles in allem sind wir prima vorangekommen und solange es hell war, konnte man auch die Schlaglöcher sehen :-) Außerdem hatten wir viel Schlimmeres befürchtet, so waren doch die meisten Straßen asphaltiert!

Die absoluten Highlights waren endlose Strände, unzählige Palmenhaine in allen Formen und Farben, die bitterarmen, aber unglaublich sympathischen kleinen Dörfchen, lange lange lange Straßen, riesengroße Zuckerrohrplantagen in dem saftigsten Grünton, den ich je gesehen habe, die absolute Dunkelheit, nachdem die Sonne weg war und ein Waldbrand ziemlich nah an der Straße, bei dem mir so richtig mulmig geworden ist.

Jetzt sind wir seit etwa anderthalb Wochen hier in Fortaleza und sind wirklich froh, schon am zweiten Tag eine Unterkunft gefunden zu haben. Als wir vorletzen Freitag hier ankamen, waren wir doch recht desillusioniert, nach all der wunderschönen Natur unser Ziel in einem Hochhaus-Stadtmonster gefunden zu haben. Das Gepäck im Auto zwischengelagert, gingen wir auf Wohnungssuche, denn die bisherigen Versuche, ein Apartment über das Internet zu finden, waren kläglich gescheitert. Unser erster Fokus lag auf den Apartmenttürmen mit Swimmingpool und Fitnessraum auf dem Dach, die wie wir feststellen mussten, kein Internet haben und schweineteuer sind. Der nächste Anlauf war der Kauf einer Handykarte, um die Nummern der Vermieter anzurufen, die auf Schildern in fast jeder Straße standen. Nach zahlreichen Drecklöchern und überteuerten Apartments saß unsere Rettung am Tag drauf in einer Imbiss-Bude: Paulo. Paulo hatte anscheinend mit einem Ohr mitbekommen, dass zwei verzweifelte portugiesisch-stammelnde Obdachlose ein Dach über dem Kopf benötigen und brachte uns spontan zu unserem jetzigen Apartment. 800 Reais, also 320 Euro Miete, Strom und Wasser inklusive, zwei Zimmer, großes Esszimmer, ach ja und da kommt noch eine Wand hin und hier machen wir eine Tür rein, dann habt ihr ne Küche. Gestrichen wird noch und klar, Herd, Sofa und Flatscreen kommen auch noch rein. Auch wenn es uns komisch vorkam – wir haben sie direkt am gleichen Abend noch bezogen.

Jetzt ist eine Woche vergangen und tatsächlich wurde eine unglaublich schiefe Wand hochgezogen, was uns zumindest schonmal räumlich von unseren Nachbarn trennte. Das Highlight letzte Woche Montag: Tommi kommt aufgeregt ins Zimmer gelaufen, ich soll mal schnell herkommen, da klöppt sich ein Typ in unsere Wohnung durch. Und tatsächlich, nach und nach fallen Teile der Wand ins Innere des Apartments und ab und zu sieht man eine Hand. Eine halbe Stunde und einen großen Haufen Bauschutt später hatten wir 2 Arbeiter, Paulo und unsere Nachbarn inklusive Baby auf dem Arm in der Wohnung stehen und haben herzlich gelacht. Musste nur noch das Loch zu den Nachbarn wieder zugebastelt werden und fertig ist die Küche!

Bevor ich zum Schluss komme, muss ich noch kurz den Blog-Titel erklären: ich werde hier doch tatsächlich Schalotschi genannt :-) Neben Internätschi (Internet), Schokolatschi (Schokolade) und Ippi Oppi (Hip Hop) eines meiner bisherigen Lieblingswörter.

So viel für dieses Mal, ich berichte bald mehr von Adriano dem aggressiven Straßen-Clown, unserer Nachbarin (eine Ziege) und natürlich von Paulo, der Alles möglich macht ;-)

Seid alle ganz lieb gedrückt!

Eure Lotti

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