Ich wollte mal einen Blogbeitrag über Couch Surfing einschieben, auch wenn das nicht direkt etwas mit Brasilien zu tun hat. Allerdings habe ich erst hier etwas von dieser wunderbaren Website gehört, insofern passt es dann doch wieder.
Couch Surfing ist eine tolle Sache für Reisende mit einem kleinen Budget (oder fehlender Bereitschaft Geld für Unterkünfte auszugeben) und funktioniert folgendermaßen: Ähnlich wie auf Facebook legt sich jeder Couch Surfer ein Profil an, in dem er Bilder hochladen und persönliche Informationen eintragen kann. Es gibt dann mehrere Möglichkeiten: Entweder man ist ein Couch Surfer, der gerade nicht reist und ergo seine „Couch“ anderen „Surfern“ bereitstellt (also eine Matratze, ein Bett, ein freies Zimmer oder Ähnliches hat) oder aber für ein Treffen auf einen Kaffee zu haben ist. Andernfalls ist man jemand, der gerade unterwegs ist und die „Couch“ der anderen „surft“.
Das System ist recht einfach, jeder kann jedes Profil sehen und schreiben wem er möchte. Niemand ist verpflichtet, einen Couch Surfer aufzunehmen und kann z.B. entweder seine Couch auf „nicht verfügbar“ stellen und im Falle einer Anfrage auch einfach ablehnen.
Während unserer Zeit in Brasilien haben wir jetzt schon mehrere Leute getroffen, die selbst „Couch Surfer“ sind und von ihren Erfahrungen berichtet haben. Wir waren so von der Idee angetan, dass wir uns ein eigenes Profil angelegt haben. Auf mehreren der Couch Surfing Treffen (die in Fortaleza meistens spontan organisiert werden) haben wir wirklich lustige und interessante Couch Surfer kennengelernt. Elvis ist zum Beispiel sogar der Couch Surfing Botschafter für Fortaleza und Anlaufstelle für alle, die keine freie Couch finden konnten. Er hat Platz für mehrere Leute in seiner Wohnung und wohnt praktischerweise auch direkt im Partyviertel. Ich habe gehört, in Rio de Janeiro soll es sogar jeden Mittwoch ein fixes Couch Surfing Treffen geben, bei dem hunderte von Leuten am Strand zusammen kommen. Dabei sind angeblich etwa 50% Cariocas (Leute aus Rio) und 50% kommen von überall aus der Welt.
Da wir in unserem Apartment ja ein zweites Zimmer hatten, in welchem sogar ein Bett verfügbar war, haben wir uns dazu entschieden, uns auch bei Couch Surfing anzumelden und unsere Couch für Fortaleza-Besucher anzubieten. Lange Zeit hat sich niemand gemeldet und nur eine Woche vor unserem Umzug kam dann die erste Anfrage! Douglas aus New York wollte wissen, ob er für zwei oder drei Nächte bei uns bleiben könnte. Ohne so genau zu wissen, wie das Ganze werden würde, haben wir die Anfrage direkt angenommen.
Douglas reist jetzt schon seit 5 Jahren nur mit Couch Surfing. Immer wenn er Semesterferien hat (zwei mal drei Monate im Jahr) macht er sich auf die Reise in ein neues Land und surft von Couch zu Couch. Dabei hat er natürlich viele interessante und wie er sagt nie schlechte Erfahrungen gemacht. Einmal sollte er in Mexiko bei den Eltern eines Couch Surfers bleiben, der selbst unterwegs war. Als er ankam, lud die Familie gerade das Auto voll, um in eine andere Stadt zu ziehen, da die Tochter dort einen neuen Job bekommen hatte. Er bekam den Haustürschlüssel in die Hand gedrückt und hatte dann für ein paar Tage ein riesiges mexikanisches Anwesen mit Pool für sich alleine, nicht mal wissend in welchem Schlafzimmer er sich denn überhaupt einquartieren durfte. Ein anderes Mal wollte der Gastgeber ihm keinen Schlüssel anvertrauen. Da dieser von morgens 7 bis abends 19 Uhr arbeiten musste, war Douglas also gezwungen zur gleichen Zeit das Haus zu verlassen und konnte dann nach 19 Uhr zurückkehren. Ziemlich anstrengend, wenn man den Tag zuvor erst um 5 Uhr morgens vom Feiern wiedergekommen ist!
Ich bin mir sicher, Couch Surfing ist wirklich hilfreich, um direkt Kontakt mit Menschen aufzunehmen, die sich in der Umgebung auskennen. Auch wenn man nicht lange bleibt, kann man sicherlich mehr von der Kultur eines Landes mitnehmen, als wenn man sich vom Hotel aus einige Sehenswürdigkeiten ansieht.
Eine Geschichte, die Douglas auch erzählt hat, fand ich wirklich sehr bewegend. Als er in der Ukraine ankam und sich in einer Familie einquartierte, waren anfangs alle ziemlich kühl und desinteressiert an seiner Person (so wie man sich das ja so vorstellt in der Region). Nach einem Abendessen und einigen Wodka gehörte er dann trotz nur wenigen Wörtern in der gleichen Sprache fast zur Familie und als er nach ein paar Tagen abreisen musste, kamen doch tatsächlich 50 Leute aus dem Dorf zusammen, um ihn am Bahnhof zu verabschieden.
Aber auch wenn man jemanden aus einem fremden Land beherbergt, kann man mit Sicherheit vieles lernen. Nicht nur die Interessen und Vorlieben der anderen können inspirieren, auch deren Verhalten und Sicht auf die Dinge. In meinem Fall würde mich zum Beispiel auch immer die Sprache des Surfers interessieren.
Peter, ein Südamerika-Reisender aus Amsterdam, der ein paar Nächte bei uns übernachtet hat (allerdings nicht über Couch Surfing), hat uns auch eine lustige Geschichte erzählt: In einem der Hostels, in denen er auf seiner Reise übernachtet hat, machte er Bekanntschaft mit einem 70-jährigen Reise-Veteranen, der sich seit all den Jahren nur an eine einzige Regel gehalten hat: Die obligatorische Flasche Fusel, die er auf jeder seiner Stationen einfach auf den Tisch stellte und prompt mit jedem dort Anwesenden befreundet war.
Jedenfalls haben wir uns für die weitere Reise vorgenommen nach unserer ersten eigenen guten Couch-Surfing-Gastgeber-Erfahrung auch mal die andere Seite auszuprobieren. Mal schauen, wessen Couch wir in Zukunft surfen werden :-)
Also, wenn euch die Sache auch interessiert und ihr Zeit habt, dann schaut doch mal bei www.couchsurfing.org vorbei. Unser Profil heißt „Tommi_Lola“ und ist über die Suchfunktion zu finden, wenn man bei dem Feld „Stadt“ Jericoacoara eingibt. Falls ihr eine Übernachtungsmöglichkeit habt, dann bietet sie doch mal an und schaut wer sich so meldet oder greift bei eurer nächsten Reise auf die Couch eines anderen Couch Surfers zurück! Ich bin auf eure Berichte gespannt :-)
Liebe Grüße
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